umweltschutz in Togo 

"Couleurs Afrik" arbeitet mit viel Ausdauer am Aufbau eines Müllentsorgungssystems in Sokodé

Ein eingespieltes Team: Ourobou Tchakpedeou und Hannelies Höchel sind die Vorsitzenden von Couleurs Afrik.Foto: Kathrin Harms

Ourobou Tchakpedeou hat einen Verein gegründet, um die Beziehungen und den Austausch zwischen Mecklenburg- Vorpommern und Togo zu fördern. Außerdem hat der Verein auch den Bau eines Recyclinghofs in seiner Heimatstadt Sokodé initiiert.

Die beiden sind wie eine zweite Familie für mich“, sagt Ourobou Tchakpedeou und lacht quer über den hübsch gedeckten Kaffeetisch im Wintergarten der

Familie Höchel in Schwerin. Ihm gegenüber sitzen Han- nelies Höchel und Angelika Reimers und nicken über die selbst gebackenen Kekse zurück. „Geht uns genauso“, sagen sie. Vor knapp zehn Jahren haben Angelika Rei- mers und Ourobou Tchakpedeou gemeinsam mit weite- ren Mitstreitenden den Verein „Couleurs Afrik“ gegrün- det, auf Deutsch: „Die Farben Afrikas“. Ihr Ziel: Sie wollen ein Band knüpfen zwischen Mecklenburg-Vorpommern und Togo. Für Austausch und Verständnis sorgen. Und zeigen, wie bereichernd die Begegnung der beiden Kulturen sein kann. Das beste Beispiel dafür sind sie selbst.

Ourobou Tchakpedeou, 51, der Vereinsvorsitzende, stammt aus Sokodé, der zweitgrößten Stadt des west- afrikanischen Staates Togo. Seit 20 Jahren lebt er in Deutschland, die meiste Zeit hat er in Mecklenburg-Vorpommern verbracht. Hannelies Höchel, 65, Tchakpede- ous Stellvertreterin, und Angelika Reimers, 69, die Schatzmeisterin, kommen aus Schwerin und Umge- bung. Dort lädt Couleurs Afrik seit zehn Jahren zu einem „Afrikatag“ ein. Rund 700 Menschen kamen im Sep- tember 2023 in den Garten des Schweriner Schleswig- Holstein-Hauses, wo die Veranstaltung stattfand. Sie lauschten der Livemusik von „Ati and Friends“, probier- ten Rolex („rolled eggs“) aus Uganda, es gab eine Tom- bola, einen Flohmarkt, Spiele für Kinder und ein Musi- cal. Die wichtigsten Programmpunkte allerdings fanden zwischen all diesen Angeboten statt: Begegnung, Ge- spräch, Abbau von Vorurteilen.

Die Beziehungen zwischen Menschen aus Mecklenburg und aus Togo verbessern: Wissen übereinander vermit teln, Vorurteile abbauen und das Zusammenleben verbessern.

Als sie den Schweriner Oberbürgermeister um Unterstützung für den Afrikatag baten, hatte er gerade in der Stichwahl gegen seinen Konkurrenten von der AfD gewonnen. Hannelies Höchel nannte dem neuen OB ganz unverblümt einen guten Grund, die Arbeit des Ver- eins zu fördern: „Lassen Sie uns gemeinsam zeigen, dass Schwerin nicht nur aus Dumpfbacken besteht!“ Höchel hat bis zu ihrer Pensionierung die Statisterie des Schweriner Theaters geleitet. Ourobou Tchakpedeou arbeitete dort in der Kantine als Koch – so haben sie sichkennengelernt und das gemeinsame Engagement be- gonnen. Als die beiden Jahre später im Rahmen des Schulprojekts „Was weißt du von Afrika?“ gemeinsam in einer sechsten Klasse standen, fragte eine Schülerin Ourobou Tchakpedeou, ob er in Schwerin Anfeindungen erlebe? „Jeden Tag“, antwortete er. „Das ging mir durch und durch“, sagt Hannelies Höchel. „Ungerechtigkeit stachelt mich an.“ 14 Mitglieder hat Couleurs Afrik heute. Und den Afrika-Tag, den der Verein lange alleine stemmte, tragen seit zwei Jahren mehr als ein Dutzend Organisationen aus Schwerin und Umgebung, die sich alle für die Zusammenarbeit mit afrikanischen Ländern einsetzen.

Angelika Reimers kennt Ourobou Tchakpedeou schon aus Zeiten lange vor der Gründung von Couleurs Afrik. Seit 2004, damals noch in einer anderen Initia- tive, arbeiten sie gemeinsam daran, die Beziehungen zwischen Menschen aus Mecklenburg und aus Togo zu verbessern. Sprich: Wissen übereinander zu vermitteln, Vorurteile abzubauen und das Zusammenleben zu verbessern, ein globales Denken zu fördern und wirt- schaftlich zu kooperieren. Reimers ist Betriebswirtin, seit einigen Jahren pensioniert. „An manchen Tagen ist mein Engagement eine Art Fulltimejob“, sagt sie lachend. Nicht erstaunlich, verfolgt man das bislang größte Projekt von Couleurs Afrik: ein Recyclinghof in Sokodé, der Heimatstadt Tchakpedeous. In Zusammenarbeit mit lokalen Partnern hat Couleurs Afrik die Anlage gebaut. Auf den Fotos, die einige Tage vor der Eröffnung im August 2023 gemacht wurden, sieht man eine weinrot gestrichene Sortierhalle, ein neues Ver-waltungsgebäude und den Brunnen mit Wasserspeicher.

Ourobou TchakpedeouFoto: Kathrin Harms

Tchakpedeou erzählt die Geschichte des Projekts im Schnelldurchlauf: Plastik sei Alltag in Togo, impor- tierte Lebensmittel würden oft sogar mehrfach in Folien verpackt, selbst beim Einkauf auf dem regionalen Markt seien Einwegtüten überall. Das Plastik lande zum Großteil in der Umwelt oder auf wilden Müllkippen, sagt Tchakpedeou. „Früher war Sokodé einmal grün. Aber der Fluss trocknete aus und überall lag Müll. Also habe ich meine Freunde in Schwerin davon überzeugt, etwas zu tun.“ Angelika Reimers setzte sich ans Ausfüllen endlos langer Förderanträge. Der Verein organisierte einen ungewöhnlichen Austausch und lud den Um- weltingenieur Saharou Tchedre aus Sokodé nach Mecklenburg-Vorpommern ein. Ein halbes Jahr lang lebte er in Schwerin – und hospitierte bei der Schweriner Abfallentsorgungs- und Straßenreinigungsgesellschaft.

Das Ergebnis steht heute in den Straßen von Soko- dé: blaue, gelbe und braune Müllkörbe, vor Ort ge- flochten aus alten Verspannbändern. In den blauen Kör- ben wird Papier gesammelt, in den gelben Plastik, in den braunen organische Abfälle – Saharou Tschedre hat das Schweriner Farbsystem auch in Sokodé übernom- men. Dreirädrige kleine Lastwagen holen die Körbe ab, bringen den Müll zum Recyclinghof. Aus dem organi- schen Abfall wird Kompost hergestellt, Plastik und Papier werden sortiert, komprimiert und zum Recycling in die Hauptstadt Lomé gefahren. „Mülltrennen ist eine Ge- wohnheit“, sagt Tchakpedeou. Deshalb haben die loka- len Partner von Couleurs Afrik mit ihren Informations- kampagnen in den Schulen der Stadt begonnen – die Kinder und Jugendlichen sollen das neue Entsorgungs- konzept dann in ihre Familien tragen. Genaue Erhebungen gibt es noch nicht, aber laut Aussagen der Stadt Sokodé hat sich der Restmüll bereits im ersten Jahr
des Projekts um 30 Prozent verringert.

Angelika Reimers hält als Schatzmeisterin die fi- nanziellen Fäden zusammen. Manchmal sei es ihr nicht ganz leicht gefallen, größere Summen an unbekannte Menschen in Togo zu überweisen – der Verein müsse für die Verwendung der Fördergelder geradestehen.

„Aber wir haben das größte Vertrauen in Ourobou“, sagt sie. Er übernimmt die Kommunikation mit der lokalen Organisation vor Ort, auch das sind viele, viele Stunden Zeit pro Woche. Und das alles neben seinem Haupt- beruf, er betreibt zusammen mit seiner Frau eine Kinder- tagespflege.Hannelies Höchel hat Togo inzwischen schon
zwei Mal besucht, war Teil der Delegation, die sich mit dem Bildungsminister und dem Oberbürgermeister
von Sokodé traf. Die Reisebilder auf der Vereinswebseite zeigen sie unter anderem auf einem üppigen Gemüse- acker, der Teil eines Biogartenprojekts für Frauen ist. Dank des Kompostes aus dem Recyclinghof wachsen
auf dem Feld Bohnen, Möhren, Chilischoten und Okras.

Ourobou Tchakpedeou schiebt Hannelies Höchel seine Kaffeetasse hin und bittet um Nachschub.
„Wir wollen keinen Betrieb, der auf Dauer am Tropf hängt“, sagt er. Der Kompost, das Gemüse und die von einer Fraueninitiative hergestellte scharfe Gewürz- paste „Moutarde“ werden vor Ort verkauft. 30 Arbeits- plätze sind durch das Engagement von Couleurs Afrik in Sokodé bereits entstanden. Die nächste Idee, die
der Verein angehen will, ist die Förderung von Mädchen

in Handwerksberufen. Hannelies Höchel gießt Kaffee nach und schickt ein weiteres Lächeln über den Kaffee- tisch. „Das ist wie bei einem Stein, den man ins Wasser wirft“, sagt sie dann. „Unser Tun zieht seine Kreise.“

Text: Christiane Langrock-Kögel, KOMBÜSE

Couleurs Afrik — Die Farben ­Afrikas e.­V.

www.couleurs-afrik.de

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