der herr der vögel

mit leidenschaft und Engagement kümmert sich frank joisten um kiebitze, Möwen und sandregenpfeifer am stettiner haff

Der Herr der VögelFoto: Riether Werder, Naturpark am Stettiner Haff

Im Stettiner Haff, rund 600 Meter vom Festland entfernt, liegt die Vogelschutzinsel Riether Werder. Frank Joisten, 64, ist seit über 20 Jahren verantwortlich dafür, den Vögeln bestmögliche Brutbedingungen zuschaffen. Er tut das ehrenamtlich, leidenschaftlich und sehr erfolgreich.

Herr Joisten, seit 20 Jahren verbringen Sie einengroßen Teil Ihrer Zeit mit dem Schutz von Vögeln. Was fasziniert Sie an den Tieren? 

Wo soll ich anfangen? Ich interessiere mich seit frühester Jugend eigentlich für alles, was kreucht und fleucht. Besonders am Herzen liegen mir Möwen, Regenpfeifer und Flussseeschwalben. Aber jeder Vogel hat seinen eigenen Reiz, jede Art verhält sich anders und braucht bestimmte Bedingungen für den optimalen Bruterfolg. Der Sandregenpfeifer zum Beispiel braucht vegetationslose Sandstrände. Diese sind aber zur Brutzeit an der Ostseeküste sehr häufig mit Handtüchern belegt. Nix gegen Tourismus, aber wir brauchen dann eben Gebiete, in denen die Vögel vor Menschen, Hunden und Raubsäugern geschützt sind. 

 

Wie sind Sie dazu gekommen, eine Vogelinsel zu betreuen?

Ich habe schon sehr lange einen Jagdschein und habe auch eine Falknerprüfung gemacht. Ich bin also auch mit Greifvögeln zur Jagd gegangen. 2002 bin ich von einem Naturschutzverein gefragt worden, ob ich die Vogelschutzinsel Riether Werder bejagen könnte. Damals wurden sämtliche am Boden brütende Vögel durch Füchse, Marder oder Wildschweine gefressen.

2002 gab es zwei, drei Paare Rotschenkel, drei, vier Kiebitz-Paare und vielleicht noch ein paar brütende Enten auf der Insel. Ich habe dann dafür gesorgt, dass keine eier- und fleischfressenden Säugetiere zur Brutzeit auf der Insel leben. Über die Jahre kamen immer mehr Vögel und haben festgestellt, dass sie dort sicher brüten können. Seit fünf Jahren beherbergt der Riether Werder die größte Vogelkolonie Deutschlands. 

 

Wie viele Arten und Vögel gibt es aktuell auf Riether Werder?

Es kommen immer wieder neue Vogelarten hinzu, momentan sind wir bei 197, die auf der Insel gesehen wurden. Zur Brutzeit von Anfang April bis Mitte Juli ist die Insel ganz schön voll. Im letzten Jahr hatten wir alleine 11.056 Lachmöwenpaare. Da sitzen dann also 22.000 Möwen auf einer 83 Hektar großen Insel. Jedes Möwenpaar legt drei Eier in ein Nest am Boden und zieht im Durchschnitt 1,5 Jungvögel auf. Vom Kiebitz –der Vogel des Jahres 2024 – gibt es jetzt circa 25 Brutpaare.

Wie sieht Ihr Arbeitsalltag aus?

Ich muss durch die Jagd noch immer dafür sorgen, dass rechtzeitig zur Brutzeit keine Tiere mehr auf der Insel sind, die den Vögeln gefährlich werden können. Wildschweine schwimmen zur Insel und Füchse wandern vom Festland übers Eis. Außerdem gibt es noch die schlauen Krähen. Um konkurrenzschwache Arten wie Rotschenkel, Kiebitz oder Sandregenpfeifer zu schützen, decke ich deren Gelege mit einem Schutzkorb ab, den der brütende Vogel akzeptiert, der aber die Krähe abhält.

Außerdem sorge ich mit einem Landwirt dafür,dass die Insel von Rindern beweidet wird. Dadurch entstehen Biotope, die für die Vögel attraktiv sind. Nach der Weidesaison mähe ich das Feuchtgrünland nach und schaffe für die kommende Brutzeit Strukturen, die für das Anlegen von Nestern am Boden geeignet sind.

 

Welches Erlebnis bleibt Ihnen noch lange in Erinnerung?

Eines der schönsten Erlebnisse hatte ich 2023. Ein Jahr zuvor hatte ich auf der 42 Kilometer entfernten Nachbarinsel Görmitz zwei Sandregenpfeiferküken beringt. Die sind in etwa so groß wie ein Pingpongball. In ganz Mecklenburg-Vorpommern gibt es vielleicht 80 Brutpaare und diese beiden Küken waren die Einzigen, die 2022 mit Farbringen ausgestattet wurden. Die Vögel fliegen bis nach Spanien oder Nordafrika und überwinterten dort. Eines der Küken, die Nummer AA mit rotem Ring, ist aber nicht auf seine Geburtsinsel zurückgeflogen, sondern ist zu mir auf den Riether Werder gekommen und hat sich fotografieren lassen. Das fand ich sehr rührend.

Text: Bastian Henrichs, KOMBÜSE

Naturpark am Stettiner Haff

www.naturpark-am-stettiner-haff.de

Naturschutz, Vogelinsel, Lachmöwe