augenblicke für welterfahrung

Perspektivwechsel: beim filmfestival "Augenblicke Afrika" zeigen afrikanische Künstler ein differenziertes bild ihres kontinents 

FilmfestivalteamFoto: Augenblicke Afrika e.V.

Seit zwölf Jahren gibt es in Hamburg das Filmfestival „Augen Blicke Afrika“. Alljährlich im November findet es im Studio Kino auf St. Pauli statt und zeigt rund 30 ausgewählte afrikanische Filme: Dokumentationen, Science-Fiction, Animationsfilme, Road Movies. Mehr als 1000 Besucherinnen und Besucher kommen jedes Jahr, um sich über die Leinwand ein Bild von Afrika zu machen.

„Das Wissen über Afrika ist in Europa immer noch sehr einseitig: Kriege, Armut, Folklore. Wir wollen mit dem Festival den Blick auf den afrikanischen Kontinent erweitern“, sagt Hans-Jörg Heinrich. Heinrich und sein Kollege Burkhard Leber sind seit der ersten Stunde des Festivals dabei. Ursprünglich wollten sie ein Festival mit zeitgenössischer afrikanischer Kultur organisieren, aber die Kosten dafür waren nicht kalkulierbar. Dann also Film: „Über das Medium Film erreichen wir viele Leute, Filme sprechen verschiedene Sinne an und es gibt eine unglaubliche Vielfalt an Genres und Themen“, ist Leber überzeugt.

„Wir wollen um Verständnis
und Toleranz werben. Ich glaube daran, dass wir mit unserem Einsatz ein Umdenken über Afrika erwirken können.“

2012 hatte das Festival in Hamburg Premiere, inmitten der Coronapandemie feierte es zehnjähriges Jubiläum. Während die großen Filmfestivals in Deutschland Beiträge aus Afrika fast komplett ignorieren – die Zahl der beim Filmfest Hamburg gezeigten Film lässt sich an einer Hand abzählen –, zeigt das enga- gierte siebenköpfige Team eine bunte Mischung aus aktuellen Filmen von dem Kontinent. „Die afrikanische Filmszene ist superdivers, jung und aufregend. Die Themenschwerpunkte variieren von Jahr zu Jahr: Islamismus, Flucht, soziale Beziehungen, Tradition vs. Moderne oder Mystik – es lässt sich an den Filmen auch Zeitgeschichte ablesen“, sagt Heinrich.

Das Festivalteam arbeitet fast ausschließlich ehrenamtlich: „Es ist immer zu wenig Geld da. Wir zahlen die Reisen der Filmschaffenden zum Festival, das Kino braucht Miete. Wir würden gern ein Büro haben und wenigstens eine Teilzeitstelle langfristig finanzieren können.“ Denn wie für viele andere Vereine ist es auch für Augen Blicke Afrika nicht leicht, Nachwuchs zu gewinnen. „Glücklicherweise sind gerade im vergangenen Jahr mehrere jüngere und auch afrodeutsche Mitglieder zum Team gestoßen. Das freut uns sehr. Denn letztlich ist unser Blick auf den Kontinent und die Fil- me ein europäischer.“

Das Publikum hat sich in den Jahren etwas gewandelt, wenn auch nicht so stark, wie die Gründer des Festivals sich das wünschen. Etwa zwei Drittel der Gäste sind Stammgäste, die jedes Jahr wiederkommen
und auch schon vorher Interesse an Afrika hatten. Um neue Zielgruppen zu erreichen, gehen die Organisatoren immer wieder kreative Wege: 2023 gab es eine Ab- schlussparty mit einem Film über Afrohouse und Live- DJs in einem Club auf der Reeperbahn. Schon seit mehreren Jahren zeigt das Festival in Kooperation mit den Hamburger Bücherhallen aktuelle VR-Filme aus Afrika – das zieht einige wegen der Filme an, andere

wegen der Technik. Eine Dozentin von der Leuphana-Universität in Lüneburg besucht das Festival regelmäßig mit ihren Studierenden. Und auch an Schulen sind die Veranstalter herangetreten – mit verhaltenem Erfolg. Für 2024 streben sie eine Zusammenarbeit mit der Altonale, ein Kulturfestival in Altona, an und versprechen sich so ein noch bunteres Publikum.

Dass es das Festival auch in zehn Jahren noch gibt, daran zweifeln die Gründer nicht. Abgesehen davon, dass es wahnsinnig vielseitige und spannende Filme seien, gebe es angesichts zunehmender Migration immer mehr Menschen aus afrikanischen Ländern in Hamburg und die Filme könnten einen wichtigen Beitrag gegen Rassismus leisten. „Wir wollen um Verständnis und Toleranz werben“, sagt Leber. „Und ich glaube daran, dass wir mit unserem Einsatz ein Umdenken über Afrika erwirken können.“ Um verschiedene Perspektiven aufzuzeigen, gibt es im Anschluss an die Filme häufig Diskussionsrunden mit Filmschaffen- den und Publikum. „Da geht es durchaus kontrovers zu“, sagt Heinrich. „Es gibt oft so viele unterschiedliche Perspektiven auf das Gesehene, das ist das Spannendste am Festival.“

Text: Imke Borchers, KOMBÜSE

Augen Blicke Afrika e. V.

www.augen-blicke-afrika.de 

Kultur, Bildung, Film, Afrika