für eine zukunft ohne plastikmüll
mit viel engagement und kreativität verfolgen in rostock samuel drews und sein verein Kubus ein großes ziel

Mit Bildungsveranstaltungen, pädagogischenProgrammen und Kultur vermittelt Samuel Drews, 40, Vorstand des KuBuS e. V., die Brisanz von Umweltveränderungen durch den Menschen, zeigt Gegenmaßnahmen auf und stärkt erfolgreich den Umweltschutz im Norden. Das erfordert viel Engagement und Motivation.
KuBuS steht für „Kultur und Bildung unterm Sternenzelt“, denn so begann unsere Arbeit als Verein: mit einem Eventzelt auf dem Weihnachtsmarkt, in dem wir als Gastronomen abends Gäste bewirtet und in der besucherarmen Zeit tagsüber kostenlose Veranstaltungen zu Nachhaltigkeitsthemen angeboten haben. Das Interesse war größer als erwartet, also machten wir weiter. Wir wollten zeigen, wie brisant die menschengemachten Umweltveränderungen sind und was man tun kann, um die Umwelt zu schützen. Deshalb haben wir Bildungsveranstaltungen an Schulen angeboten und uns hier in Rostock am World Cleanup Day und an Klimaaktionstagen beteiligt. Wir organisierten den Umwelt-Kindertag, bekamen eine eigene Aktionsfläche auf dem großen Volksfest „Hanse Sail“ und entwickelten schließlich unser Projekt „Plastikfreie Stadt“.
Gut 5000 Stunden ehrenamtlicher Arbeit kamen so in den ersten vier Jahren zusammen, bevor wir 2023 eine hauptamtliche Struktur schaffen konnten.
Anfangs hatte ich Sorge, dass es meiner Motivation schaden könnte, wenn aus dem ehrenamtlichen Engagement ein Beruf wird, aber das ist nicht so. Erfolge machen Mut und Lust darauf weiterzumachen. So war es auch bei unserem mittlerweile größten Projekt, der Initiative „Plastikfreie Stadt“, die in einem ganz entspannten Sofamoment entstand. Meine Frau und ich sahen eine Reportage über eine Aktivistin, die dem Müll an der Küste Cornwalls den Kampf angesagt hatte. Sie überredete die örtlichen Händler, einige Artikel unverpackt anzubieten oder auf alternative Produktezurückzugreifen.
Mit großem Erfolg: Kurz nach der Sendung gab es bereits 400 Kommunen, die das nachmachen wollten!
Wir wollten das auch, wussten aber nicht so recht, wo wir ansetzen sollten. Ich glaube, ich bin ein ziemlich guter Verkäufer. Aber das Weglassen zu verkaufen, das ist die Masterclass.
Überzeugende Argumente fanden wir schließlich mit der Kunststoffinventur: Unternehmen und öffentliche Einrichtungen stellen ihren Wochenverbrauch fest, der dann aufs Jahr hochskaliert wird. Eine griffige mathematische Methode, mit der wir die Punkte finden, an denen Plastik- sinnvollerweise durch Mehrwegprodukte ersetzt oder eine Verpackung idealerweise sogar ganz weggelassen werden kann.
Ein Reinigungsunternehmen kann auf Mülltüten verzichten, die letztlich nur für den kurzen Weg vom kleinen zum großen Mülleimer genutzt werden, eine Hotelbar Strohhalme nur auf Nachfrage rausgeben – mit dem positiven Nebeneffekt, dass der Barkeeper den Gästen den ökologischen Hintergrund des Verzichts erklären kann: tägliche Nachhaltigkeitskommunikation im Kleinen.
Mittlerweile beteiligen sich gut 40 Unternehmen und Kommunen an unserem Projekt „Plastikfreie Stadt“. Mein Vorteil dabei ist, dass ich Management studiert habe und mich mit Unternehmern auf Augenhöhe unterhalten kann. Wer aus einem rein idealistischen Kontext kommt, wird ja manchmal nicht für voll genommen, und ein gemeinnütziger Verein kann auch eine Imagefalle sein: Manche vermuten dahinter unprofessionelle Arbeit und denken, dass man einfach zu viel Zeit hat und deshalb etwas Gemeinnützig-Wohlwollendes tut. Aber Nonprofit ist nicht mit no profit gleichzusetzen, der Mehrwert für die Gesellschaft ist nur nicht unmittelbar in gewohnter Weise messbar.
Im Studium fehlten mir die ökologischen und gemeinwohlorientierten Komponenten. Heute ändert sich das glücklicherweise mit der Infragestellung vereinzelter wirtschaftlicher Prozesse, zum Beispiel in der Gemeinwohlökonomie, die uns zeigt: Wir als Gesellschaft können die richtigen Werte belohnen und nicht förderliches Verhalten abstrafen, um so das Wohl aller zu verbessern und die Lebensqualität und das Miteinander in den Fokus zu bringen.
Das versuchen wir auch auf unserer Aktionsfläche „Achterdeck“ auf der Hanse Sail zu vermitteln, einem nachhaltigen „Rummelplatz“ mit Fahrgeschäften ohne Strom und einem Sortiment von regionalen oder fair produzierten Produkten, den wir mit anderen Eine-Welt-Initiativen und der Fairtrade-Stadt Rostock durchführen. Mit Mitmachaktionen wie Plastik- statt Entenangeln oder einem Plastic-Escape-Game in einem Container werden wir nicht den Planeten retten, das ist mir klar. Aber wir erreichen viele Besuchende, den Querschnitt der Gesellschaft, Leute jenseits unserer eigenen Bubble, die eher nicht auf Klimaaktionstagen oder beim World Cleanup Day anzutreffen sind. Denn Müll, insbesondere Plastik, ist ein niedrigschwelliges Thema, mit dem alle etwas anfangen können. Auch die Verantwortlichen der Hanse Sail: Gerade hat unser Verein den Zuschlag bekommen, sie bei der Erarbeitung eines Nachhaltigkeitskonzepts zu begleiten. Das macht uns ein wenig stolz – und motiviert. Manchmal stößt man aber auch auf festgefahrene Strukturen, in denen gute Initiativen unerwünschte Mehrarbeit bedeuten. Dann steigt der Gegendruck, und die Motivierten fahren letztlich das Engagement zurück.
Wir haben das beim World Cleanup Day erlebt: 2019 war er ein Riesenerfolg, 600 Leute haben tonnenweise Müll gesammelt. Der musste dann aber auch von der Stadt abtransportiert und entsorgt werden, was zusätzliche Arbeit für die Mitarbeitenden dort bedeutet, die vielleicht nicht immer in gleich hohem Maße gewährleistet werden kann. Wenn die Unterstützung der Stadt sinkt, sinkt auch das Engagement der Freiwilligen. 2023 standen die städtischen Ämter voll hinter der Aktion – und schon waren wieder viel mehr Leute engagiert dabei. Das zeigt, dass man das Ehrenamt nicht verkümmern lassen darf, es braucht Wertschätzung und Zusammenhalt. Deshalb haben wir auch bis spät in die Nacht vor der Aktion Kartoffelsuppe für alle gekocht.
Müllsammeln macht ja erst mal keine große Freude, aber ein gemeinsames Essen danach und der Austausch schon. Ich arbeite heute noch über den Vollzeitjob hinaus viele Stunden ehrenamtlich, manchmal komme ich auf mehr als 60 Stunden in der Woche. Das kann auf Dauer an die Substanz gehen und das Familienleben mit meiner Frau und zwei Kindern belasten. Aber es gibt die eine Motivation, die mich antreibt: dass wir mit unserem ersten kleinen Schritt so viel losgetreten haben. Die Mitarbeitenden in den Unternehmen, die Teilnehmenden am World Cleanup Day, die Besucherinnen und Besucher auf dem Achterdeck: Sie alle können zu Multiplikatoren des Gemeinwohls werden und zur Lösung beitragen."
Text: Ursula Meer
KuBuS e. V.
Bildung, Umweltschutz, Kultur
Foto: KuBuS