angeln als naturerlebnis
dirk siems vom Landesanglerverband mV nahm jugendliche mit ans Wasser, bis er sich mit einem burnout zurückziehen musste

Dirk Siems, 44, saß im Präsidium des Landesanglerverbands in Mecklenburg-Vorpommern und kümmerte sich ehrenamtlich um die Jugendarbeit. Im Januar 2024 ist er von all seinen Ämtern zurückgetreten. Er ist ausgebrannt.
Herr Siems, Sie haben all Ihre Ämter im Landesanglerverband niedergelegt. Was hat Sie dazu bewogen?
Ich habe einfach gemerkt, dass ich Ende des Jahres völlig ausgebrannt war. Mich hat das Telefon genervt, mich hat jede E-Mail genervt. Ich bin eigentlich ein angenehmer Mensch, ich stehe gut gelaunt auf und gehe gut gelaunt ins Bett. Das war nicht mehr so. Ich bin zum Arzt gegangen und der hat mir dringend geraten, ein bisschen ruhiger zu machen.
Im vergangenen Jahr habe ich bestimmt 40 bis 50 Tage mit meiner ehrenamtlichen Arbeit beim Verband zugebracht. Ich habe den Jugendtag organisiert, ein Förderprogramm für die Vereine ins Leben gerufen, damit sie Angelcamps für Jugendliche organisieren können, und mich darum gekümmert, dass das Infomobil an Schulen in Meck-Pomm unterwegs ist. Ich habe aber auch eine Familie – und von der hätte ich gerne auch noch was.
Ich übe sehr gern ein Ehrenamt aus, ich habe das viele Jahre gemacht, aber jetzt ist mal Pause angesagt. Ich möchte auch einfach mal wieder in Ruhe angeln gehen. Meine Ausrüstung ist eingestaubt.
Verständlich. Nehmen Sie trotzdem schöne Erinnerungen mit?
Oh, na klar. Besonders aus der Arbeit mit den Jugendlichen. Es gibt wenig Schöneres, als zu sehen, wenn die Kinder ruhig und konzentriert angeln und dann schlagartig völlig aufgeregt sind, wenn sie einen Fisch dran haben. Letztes Jahr hatten wir eine Schulklasse aus dem Ahrtal da, aus dem Überschwemmungs-gebiet.
Da denkeich noch oft dran. Die Lehrerin sagte morgens, dass es ein ganz schwieriger Tag werden würde, die Klasse sei verhaltensauffällig und, na ja, die Kids hätten besonders viel zu verarbeiten. Sieben Stunden später saßen die Kinder bei sieben Grad und Nieselregen alle noch tiefenentspannt am Wasser. Die Lehrerin war völlig perplex. Die hatten keinen Handyempfang, das hat sicher dazu beigetragen, aber sie waren auch einfach konzentriert beim Angeln.
Und der Jugendtag letztes Jahr war auch wirklich toll: Ungefähr 1000 begeisterte Kinder waren da. Ich hatte vorher viel mit Jugendlichen gesprochen, ich wollte wissen, was sie interessiert, was sie erleben wollen mit der Angelei. Soziale Medien sind bei den Kids ein ganz wichtiges Thema. Das haben wir aufgenommen und Influencer eingeladen – und das hat sich ausgezahlt.

Was hat es mit dem eingangs erwähnten Infomobil auf sich?
Das Infomobil fährt mittlerweile zu 40 Schulen in Mecklenburg-Vorpommern. Das Projekt heißt „Angeln macht Schule“, es geht um Umweltbildung. In dem Infomobil gibt es zum Beispiel Mikroskope, die mit einem großen Bildschirm verbunden sind. Es werden Kleinstorganismen aus den Gewässern untersucht. Die Kinder sind jedes Mal fasziniert, wie viele Lebewesen im Wasser leben. Sie erfahren, dass Angeln vor allem auch ein Naturerlebnis ist, neben den Fischen lernen sie auch die gewässernahe Umgebung kennen, wir bauen Stippangeln und üben Knoten. Leider fehlen uns auch für die Arbeit im Infomobil oft Freiwillige, um die Verantwortung auf mehr Schultern verteilen zu können.
Text: Bastian Henrichs, KOMBÜSE
Landesanglerverband MV / Referat Jugend
Umweltbildung, Jugend, Angeln, Infomobil